Vortrag von Matthias Girke im Kloster Frankenberg

Vortrag von Matthias Girke im Kloster Frankenberg
Dr. Claudia Menzel vom Zweig Goslar begrüßt Matthias Girke im Turmsaal. Foto: Seltmann

Meditation als Unterstützung der heilenden Kräfte

Die Heilkunst möchte den gesundenden Kräften dienen durch eine Vielzahl von Möglichkeiten, eine davon sei die Meditation, darüber sprach Matthias Girke Anfang Juni 2025 im Turmsaal des Klosters Frankenberg. Der Facharzt für Innere Medizin, Palliativmedizin und Diabetologie war Mitbegründer des Gemeinschaftskrankenhauses Havelhöhe, Klinik für Anthroposophische Medizin, in Berlin und langjähriger Leiter der Medizinischen Sektion in der Anthroposophischen Gesellschaft, und referierte auf Einladung des Zweigs Goslar.

Der Vortrag „Gesundheit und Meditation“ fand anlässlich des 100. Todesjahres Rudolf Steiners statt – der Begründer der Anthroposophie starb am 30. März 1925. Seine Erkenntnisse werden bis heute unter anderem in der Pädagogik, Landwirtschaft und auch in der Medizin genutzt und weiterentwickelt. Die Meditation könne die heilenden Kräfte unterstützen, erklärte Girke. Er sprach von einem messbar positiven Einfluss auf chronische Entzündungen, Bluthochdruck, sie verbessere die Aufmerksamkeit, mindere Stress und stärke die Lebensorganisation des Menschen.

Eine richtige Meditation im Gegensatz zu einer „Zweckmeditation“ belebe die Seele, sie mache nicht nur tüchtig für den Erdenweg, sondern habe auch heilenden Einfluss auf die Erde und die geistige Welt. Girke bezeichnete die Meditation als Entwicklungsaufgabe, die auch in die Umgebung hineinstrahle. Er unterschied zwischen Ruhe und Leere – Ruhe sei immer etwas Erfülltes, sie sei erfüllt mit Geistgegenwart, nicht -abwesenheit. In Ruhemomenten sei der Mensch offen für das Geistige. Zahlreiche Fragen gab es für den Mediziner im Anschluss zu beantworten, Meditationstechniken wurden dabei ebenso vorgestellt wie die Arbeit der anthroposophischen Medizin.

Vortrag Kunstimpuls

Vortrag Kunstimpuls
Vera Seltmann (links) im Turmsaal des Klosters Frankenberg mit den Leiterinnen des Zweigs Goslar der anthroposophischen Gesellschaft, Cornelia Stolzmann und Dr. Claudia Menzel (rechts). Foto: privat

Expressive Kraft und innere Beweglichkeit

Im 100. Todesjahr des Begründers der Anthroposophie spricht Vera Seltmann über den Kunstimpuls Rudolf Steiners

Mit dem Vortrag „Impulse von jenseits der Schwelle – Rudolf Steiners Künstlertum im Anbruch der klassischen Moderne“ warf der Zweig Goslar der anthroposophischen Gesellschaft am Freitag einen weiteren Blick auf das Schaffen des „Multitalents“ im 100. Todesjahr Steiners. Dazu hatte die Künstlerin Vera Seltmann eine Ausstellung im Turmsaal des Klosters Frankenberg aufgebaut.
Vera Seltmann, Jahrgang 1965, aufgewachsen am Nordharzrand, studierte Kunst und Kunstpädagogik in der Alanus-Hochschule Alfter bei Bonn. Zahlreiche Auslandsaufenthalte und Ausstellungen im Großraum Hamburg sowie ein Kunststudienjahr am Goetheanum in Dornach/Schweiz mit den Schwerpunkten Malerei, Architektur, Bildhauerei prägten ihren Lebenslauf. Sie war viele Jahre Dozentin für Malerei an der Akademie für Waldorfpädagogik Mannheim und ist unter anderem seit 2021 regelmäßiger Gast im Kloster Frankenberg, um Malseminare in der Gartenlaube anzubieten.
Der Kunstimpuls Rudolf Steiners war eindrucksvoll im Turmsaal zu erleben. Großformatige Aquarelle, teils mit Pflanzenfarben, sowie Kohle- und Bleistiftzeichnungen zeigte Vera Seltmann, die diese ausgestellten eigenen Werke im Sinne dieses Kunstimpulses versteht. Sie habe das Glück gehabt, während des Kunstjahres in Dornach die große Holz-Skulptur „Der Menschheitsrepräsentant“ von Rudolf Steiner aus nächster Nähe studieren zu können, berichtete sie. Steiners Einfluss auf die Künste – Eurythmie, Sprachgestaltung, Gebrauchsgegenstände, Literatur/Lyrik, Mode und mehr – beschränkte sie in ihrem Vortrag auf Architektur, Malerei, Bildhauerei. Seinen Einfluss auf zeitgenössische Künstler bis zu Wassily Kandinsky (1866-1944) machte sie durch biografische Belege deutlich.
Aufnahmen von Steiner-Aquarellen und Kreidezeichnungen zeigten die expressive Kraft der Werke. Entwürfe für Säulen und farbige Glasfenster des ersten Goetheanums (1913 – 1922, in der Silvesternacht durch Brandstiftung zerstört) hatten trotz „starrer“ Form eine innere Beweglichkeit.
Die Details bis hin zu Türen, Türknäufen, Schwellen und die Farbgestaltung zeigten eine Lebendigkeit und Vielfalt. Unzählige Künstler hätten sich in den Dienst des Baues gestellt und das Holz handgeschnitzt, berichtete sie. Den Bau des zweiten Goetheanums, das nach Steiners Entwurf dann aus Beton errichtet wurde, erlebte der 1861 geborene Begründer der Anthroposophie nicht mehr, er starb im März 1925.

Journalist Wolfgang Müller über Rudolf Steiner

Journalist Wolfgang Müller über Rudolf Steiner

Von einem großen „Lehrer und Lernenden“

Die Leiterin des Zweigs Goslar der Anthroposophischen Gesellschaft, Dr. Claudia Menzel, begrüßt den Autor und Journalisten Wolfgang Müller im Kleinen Heiligen Kreuz.

Auch 100 Jahre nach dem Tod Rudolf Steiners gibt es ein Interesse an dem Begründer der Anthroposophie. Das stellte Autor Wolfgang Müller am Dienstagabend im Kleinen Heiligen Kreuz fest, als immer noch mehr Stühle in die Diele gestellt werden mussten, weil weitere Besucher durch die Pforte drängten. Der Journalist, der vor wenigen Wochen sein drittes Buch „Das Rätsel Rudolf Steiner – Irritation und Inspiration“ vorlegte, war vom Zweig Goslar der Anthroposophischen Gesellschaft zu Vortrag und Gespräch eingeladen worden.

Müller, 1957 in Heidelberg geboren, lebt in Hamburg und war bis 2020 Redakteur für Zeitgeschichte beim Norddeutschen Rundfunk. Er veröffentlichte auch in zahlreichen Zeitungen zu politischen und kulturgeschichtlichen Themen. Zur Anthroposophie verfasste er unter anderem 2021 das vielgelesene Buch „Zumutung Anthroposophie“.

Für sein Publikum, das aus Anthroposophie-Kennern und -Interessierten bestand, wählte Müller fünf markante „Bilder“ aus, anhand derer er der Biografie Steiners mit Zitaten und Beschreibungen folgte. Dabei zeichnete sich ein Weg ab, der in die großen Felder der Anthroposophie – Pädagogik und Heilpädagogik, Medizin, Landwirtschaft, soziale Dreigliederung und die Begründung der Christengemeinschaft – führte.

Die pädagogischen Anfänge des jungen Rudolf Steiner, der 23-jährig als Hauslehrer für ein „Sorgenkind“ in Wien eingestellt wurde, beschrieb Müller ebenso wie den akademischen „Umweg“ des 1861 im heutigen Kroatien geborenen Goethe-Forschers. Dass er die naturwissenschaftlichen Schriften des großen deutschen Dichters in jahrelanger Arbeit herausgegeben habe, habe ihn von seinem eigentlichen Weg abgebracht, der in die Philosophie und eine Professur führen sollte, so Müller. Das prozesshafte Denken Goethes etwa bei der Metamorphose der Pflanzen stellte der Journalist in Bezug zu Steiner unter den Titel „Wahrheit in Bewegung“.

Auch Steiners Verzweiflung über „seine eigenen Leute“ thematisierte Müller. Gegen Ende des Lebens – Steiner starb am 30. März 1925 64-jährig in Dornach – sei er enttäuscht gewesen, dass nur wenige aktiv geworden und sich selbst forschend auf den Erkenntnisweg der Anthroposophie, die auf christlicher Basis wissenschaftlich einen Zugang zur geistigen Welt eröffnen will, gemacht hätten.

Die Angriffe auf Steiner beschlossen das Bild, das Müller im Kleinen Heiligen Kreuz malte. Ihm sei bewusst gewesen, dass man nicht überall beliebt sein könne. Dennoch sei er nicht „in eine Nische geflohen.“ Er sei ein großer Lehrer gewesen. „Aber er war auch ein großer Lernender.“

Vortrag Wolfgang Müller

Vortrag Wolfgang Müller

„Das Rätsel Rudolf Steiner“

Vortrag von Wolfgang Müller im Kleinen Heiligen Kreuz in Goslar

»Die Anthroposophie kommt als
ungeladener Gast in das moderne Leben
hinein. Man wird sie erst freundlich
behandeln, wenn man bemerkt, dass sie
›Verlorenes‹ bringt.«
Rudolf Steiner (Notizbuch-Eintrag)

»Nur von dieser Seite her kann Rudolf
Steiners ganze Biografie begreifbar
werden: aus dem Schmerz, Wesentliches,
dringend Notwendiges zu sehen und nach
Kräften auszusprechen, damit aber kaum
durchzudringen.«

»Meine Art, mich diesen Themen zu nähern,
mag dabei gelegentlich etwas unkonventionell
und unbekümmert sein. Das soll nicht
darüber hinwegtäuschen, ja es kann sogar
unterstreichen, dass es hier um ernste, große,
menschheitliche Fragen geht.«

»Ich muss nicht behaupten, dass Rudolf
Steiner ein perfekter Mensch war, um
doch zu behaupten, dass er unserer Zeit
Bedeutendes zu sagen hat.«
Wolfgang Müller

Wolfgang Müller, 1957 in Heidelberg geboren, lebt in Hamburg und war bis 2020 Redakteur für Zeitgeschichte beim Norddeutschen Rundfunk. Er veröffentlichte auch in zahlreichen Zeitungen zu politischen und kulturgeschichtlichen Themen. Zur Anthroposophie verfasste er u. a. Artikel für Die Zeit und die taz sowie sein vielgelesenes Buch Zumutung Anthroposophie (Frankfurt a. M. 2021).
Zu Rudolf Steiners 100. Todestag legt Wolfgang Müller jetzt sein neues Buch „Das Rätsel Rudolf Steiner. Irritation und Inspiration“ vor, das Steiner und sein Werk von heute aus neu befragt.